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Altheide

Rechts am Weg von Jacobshagen über Stolzenhagen vor Ravenstein liegt der kleine Ort Altheide.

Für diese Gemeinde war das Amtsgericht in Jacobshagen zuständig. Die Amtsverwaltung und auch das Standesamt gehörten zum Amt Ravenstein mit Sitz in Güntersberg. Die Post wurde von der Poststelle Ravenstein betreut. Der nächste Bahnhof der Saatziger Kleinbahn war etwa 2,5 km entfernt am Wege nach Stolzenhagen. Es lebten im Jahr 1939 86 Einwohner in 21 Haushalten in dieser Gemeinde. Dagegen waren es nach der Volkszählung von 1910 97 Einwohner. Die Bodenverhältnisse waren unter dem Mittelmaß des Kreises. Der Gemeindehektarsatz war mit 400,- Reichsmark festgestellt worden.

Bekannt war der landwirtschaftliche Betrieb von Wilhelm Ladwig mit 22 Hektar Größe. In der Betriebszählung vom 17. Mai 1939 wurden dort zwei Pferde, zehn Rinder und zehn Schweine gezählt. In der Nähe des Ortes liegt der „Große Zierke See". Dieser ist 71,1 ha gross. Die Sage überliefert, daß dort ab und zu eine schwarze Frau mit Augen so gross wie Butterbüchsen herauskommt und die Bewohner aus Altheide in Schrecken versetzt. In etwa 1,5 km Entfernung vom Ort liegt rechts der Straße nach Jacobshagen das Vorwerk Alteheide an einem unterhaltenen Fahrweg nach Falkenwalde.

Etwa in den Jahren um 1865 gingen zahlreiche junge Einwohner jedes Jahr am Festabend  aus dem armen Altheide nach dem reichen Bauerndorf Wudarge, um sich auf einem „Spiet" Wurst, Schinken und Speck oder auch Weißbrot zu holen.

Diese Leute sagten dabei ein Fastnachtsgedicht auf und sie bekamen viele Gaben. In der ganzen Gegend galt dieser Tag als Freudentag. Die tollsten Verkleidungen wurden ausgedacht und man freute sich sehr, wenn man nicht erkannt wurde und eine kleine Gabe erhielt. Wie es überliefert wurde, hatten die jungen Leute aus Altheide gerne bei dieser Verkleidung die Figur des Teufels gewählt. Das Gesicht wurde geschwärzt und an die Kopfbedeckung kamen Hörner. Um den Leib wurde eine Kuhhaut geschlagen. Oft wurde auch des Teufels Großmutter in toller Frauenkleidung vorgestellt.

Als in einem Jahr in der Fastnachtszeit die Altheider auf dem Wege nach Wudarge waren, gesellte sich zu einem, der als Teufel verkleidet war, ein weiterer Teufel in der Nähe der Küsterwiese bei der Kreuzung an der Tornower Landstraße. Dieser begleitete stillschweigend den Altheider Teufel, vorbei an der Wudarger Mühle bis in das Dorf Wudarge. Auch auf dem Nachhauseweg war diese unheimliche Gestalt bei ihnen, bis sie wieder den Kreuzweg bei der Küsterwiese erreichten. In Altheide hatte sich niemals wieder in der Fastnacht jemand als Teufel verkleidet.

Jeder glaubte, es sei der wirkliche Teufel gewesen.


Ein Bericht aus der „Pommern-Zeitung“ - 32 Jahrgang, F 25 - Seite 5

Ein Besuch im Altheide      von Fritz Hell

Da es uns für das Mittagessen noch zu früh war, das einzige Lokal hierfür in Stargard, das wir zur Stillung unseres Durstes aufsuchten, nicht sehr vertrauenerweckend erschien, un­ser Taxifahrer uns auch abriet, beschlossen wir, schon jetzt in den Kreis Saatzig zu fahren.

Bei der Fahrt durch die Zartziger Straße vermissen wir die alten dicken Kastanien, in deren tiefe Risse wir im kalten Winter 1928/29 die ganze Hand gesteckt hatten, als wir zu Mutter Wollmann nach Zartzig gingen. Die neugepflanzten Bäume stehen, wie überall hier, in größerem Abstand von der Straße für eine später geplante Verbreiterung auf vier Spuren. Die Straßendecke ist gut in Ordnung. Bald taucht Zartzig auf, rechts die Gebäude der ehemaligen Kartoffelflockenfabrik, in der mein Klassenkamerad Schikora zu Hause war.

Weiter durch Schwendt Richtung Zachan. Rechts und links Namen der bekannten Ort­schaften, wenn auch jetzt mit polnischer Be­zeichnung.

In Schöneberg fällt uns auf, daß die großen. Schafställe an der Straße verschwunden sind. Durch Zachan geht es die Hauptstraße hinun­ter. Der Ort macht einen unzerstörten Ein­druck, die Häuserreihen sind geschlossen. Am Markt kann ich das Dietrich/Kühl'sche Haus und das von Bork erkennen, bald danach das meines Vetters Emil Hell, rechts und links das ehemalige Kaufhaus Rosenthal. Gegenüber ist eine Baulücke; hier dürfte das Haus meines Onkels, Schneidermeister Albert Fick gestan­den haben.

Weiter geht es die Straße nach Ravenstein entlang. An den Seiten Hinweisschilder für Schwanebeck, Moderow und Güntersberg. In Ravenstein biegen wir nach links auf die Straße Stolzenhagen-Jakobshagen. Auch sie macht einen guten Eindruck. So fahren wir an der Abzweigung nach Altheide vorbei, über­queren den Krebsbach und landen an den beiden Zirkseen. Hier hat sich manches verän­dert. Am Ausfluß des Krebsbaches aus dem Gr. Zirksee steht eine kleine Siedlung von Wochenendhäusern. Der nach rechts abbie­gende Weg unterhalb der Berge zum Bahnhof ist befestigt und führt zu einem ausgebauten Parkplatz. Dort machen wir Rast und verzeh­ren unsere mitgebrachten Eßvorräte. Am See ist ein langer Anlegesteg, wir sehen einige Tretboote, ein Paddelboot und sogar ein Se­gelboot, das aber unter Windmangel leidet, was bei der eingeschlossenen Lage des Sees kein Wunder ist. Es ist hier also ein richtiges Freizeit- und Erholungsgelände entstanden, das sogar mit Elektrizität versorgt ist. Es scheint an Wochenenden gut besucht zu sein;

Feuerstellen mit angesengten Vogelköpfen, Knochen und sonstiger Abfall deuten daraufhin. Von welchen Orten mag es wohl bevölkert sein?

Nach Beendigung unserer Mahlzeit geht es schnell zurück und rechts hinein in den Weg nach Altheide. Auch diese Straße ist asphal­tiert, früher war sie ein tiefer Sajidweg, später eine Lehmbahn. Bald taucht das erste be­kannte Gehöft von Pust auf, weitere folgen, alle bewohnt und verhältnismäßig gut erhalten, nur das Lenz'sche Grundstück ist teilweise zerstört. Auch der Saal ist verschwunden, aber nicht das Wohnhaus. Die Schule steht noch, ob sie noch als solche benutzt wird, konnten wir im Vorbeifahren nicht feststellen. Die am Schulplatz stehende Scheune fehlt, auch den dort stehenden Maulbeerbaum konnte ich nicht entdecken. Der Friedhof ist auch noch vorhanden; ob noch alte Grabstellen erkenn­bar sind, konnte aus Zeitmangel nicht über­prüft werden. Neu scheint mir ein kurz davor liegendes Gehöft zu sein, in dem ein Kolonial­warenladen unterhalten wird. Gehöft Krämer und das folgende sind auch erhalten und be­setzt.

Nun halten wir vor dem Micheel'schen Grund­stück, dem Haus meiner Schwester. Alles un­verändert, nur etwas grau und ohne Farbe. Alle Gebäude genutzt. Das als Scheune ge­nutzte alte Fachwerk-Wohnhaus ist massiv ausgebaut. Mit Hilfe unseres Taxifahrers kön­nen wir uns mit der jetzigen Besitzerin unter­halten. Ihre Familie wohnt seit 1946 dort. Wir betreten das Haus. alles wie früher, nur etwas abgewirtschaftet. Der Backofen im Keller, statt der Pumpe wieder ein Ziehbrunnen, der Ge­müsegarten hinter dem Haus, die Kiesgrube erheblich gewachsen, die alte Eiche auf dem Berg verschwunden. Der Platz für das Göpel­werk ist noch deutlich zu erkennen, aber nicht mehr benutzt; die Neuzeit mit der Elektrizität ist ja schon lange eingekehrt. Vor dem Hause steht ein Motorrad, die Kinder sind nicht zu Hause. Am Zaun des Vorgartens wächst jetzt auch hier Wermut, ein Sträußchen als Erinne­rung wird gepflückt. Eine Einladung zur Tasse Kaffee müssen wir dankend ablehnen, wirwol­len ja noch zurück.

Auf der Heimfahrt folgen wir dem asphal­tierten Weg, der nun links abbiegt. Von dem Gehöft des Einsiedlers Huhnholz ist nichts mehr zu erkennen. Lüpke, Hentschke, Reeck sind bewohnt. Beim Grundstück meines On­kels Wilhelm Hell ist die massive Scheune abgerissen, vielleicht hat man das Material anderweitig gebraucht, der Stall und das Wohnhaus stehen noch und machen einen sauberen Eindruck. Das Grundstück von Bür­germeister Dahms ist verschwunden. Wir fol­gen der festen Straße, die hinter Zühlke nach rechts abbiegt und durch die Sandgruben nach Moderow führt. Wir kommen an der Hinter­straße vorbei in die Dorfmitte. Gasthof, Kirche, Schule, Friedhof, alle bekannten Gehöfte wie früher. Wir fahren beim Schmied Bretzke vor­bei aus dem Neuen Ende heraus Richtung Zachan. Auch hier ist die Straße mit Asphalt versehen, biegt aber bald nach rechts ab, nicht wie früher geradeaus, und führt in das obere Ende von Tornow. An der Schranke beim Gast­hof am Bahnhof müssen wir warten, wie früher schon so oft, weil diese geschlossen und ein Zug auf dem Bahnhof steht. Als wir endlich weiterfahren können, folgen wir der früher gepflasterten, jetzt asphaltierten Straße, vor­bei am Rosenow'schen Bergrad nach Zachan. Die Mühle ist noch in Betrieb. Bei der Weiter­fahrt müssen wir jetzt die Hinterstraße benut­zen, da diese und die Hinterstraße als Einbahnstraße ausgewiesen sind. Über Stargard erreichen wir in den Abendstunden Stet­tin und sind rechtzeitig zum Abendbrot im Hotel „Rheda".