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Das Au-Dorf liegt im Südosten des Kreises Saatzig. Im Süden liegt die Neumark, Kreis Arnswalde, die Grenze bilden der Panzigsee und der Trabun-see. Im Osten bildet die Drage zum Kreis Dramburg die Grenze. Das Dorf erstreckt sich von Ost nach West und besteht aus Ober- und Unterstraße.

In der Mitte, zwischen den Straßen, liegen die Kirche, die Schule und vier Gehöfte. Seit 1929 gibt es dort Elektrizität und Anlagen hierfür. Der Ort wurde bekannt durch den Feldflugplatz, der 1934 angelegt wurde. Aber dadurch ist mein liebes Heimatdorf ein verlorenes Dorf geworden. Es ist alles zerstört und überwu­chert. Von dem 41 Höfen ist nur noch ein Haus vorhanden, und außerdem ist es Sperr­gebiet geworden, kein Zutritt. Ich habe dort acht Jahre die Schule besucht, und war dort von 1912-1930, später nur zu Besuch.


Von einem Landsmann, der bis 1945 dort war, habe ich erfahren, daß es ihm vor eini­ger Zeit gelungen ist, in die Nähe des Dorfes zu kommen. Er hat dort noch ein Haus gese­hen. Aber die herrliche Umgebung ist ge­blieben, so die schönen Wälder, Wiesen und Seen. Im Ort waren noch einige Backöfen auf den Achterhöfen, in meiner Zeit wurde noch viel selbst gebacken, Brot, Stuten und Blech­kuchen. Unser Backofen (Haus 34) stand etwa 100 Meter entfernt vom Gehöft an der Wiese, im Schatten eines großen Apfelbaumes, der viele Zentner Äpfel trug und ohne Maden und Fehler.

Nach dem Backen wurden die geschnitte­nen Äpfel getrocknet im Ofen, dazu kamen Kirschen, Birnen und Pflaumen, das war eine Pracht. Am Haus war natürlich ein großer Obst- und Gemüsegarten. Auf dem Hof gab es eine stämmige Pumpe, Wasser für Mensch und Tier. Auf einigen Gehöften waren noch Tiefbrunnen in Handbetrieb.


Nun zum Dorf. Die Kirche mitten im Dorf. Das Schiff war gemauert, der Turm aus Holz. Im Turm hingen zwei große und eine kleine Glocke, mit den beiden großen wurde an Silvester gebeiert, nach dem Takt: „ik hebb dem Knecht fif Hemda gävt fif Hemda gävt uk eant gävk em no". Für uns war es ein Spaß. Daneben war die Schule, acht Jahre habe ich dort verbracht von 1919-1926. Damals gab es noch Prügel mit dem Rohrstock. Wir Hatten einen alten Lehrer, haben ihn oft geärgert und viele Streiche ausgeheckt. Dann kam am Ende das Spritzenhaus, der schöne Platz davor war der Turn- und Spielplatz mit Reck und Barren. Hinter dem Mühlteich Haus Nr. 18 war die Fischerei. Dort gab es schöne Schleie. Oft durften wir als Kinder am Sonntag mit dem Fischerkahn durch das Schilf fahren und Seerosen und Mummeln pflücken. Daraus wurden dann schöne Ket­ten gebrochen. Alles das war für uns etwas Besonderes.

Am Teich bei Nr. 19, das kleine Häuschen, war einst die Dorfschmiede. Nr. 20 war die Wassermühle, 11 a war die Sägemühle, b war die Kornmühle, dazwischen stürzte das Wasser durch die Turbine und trieb die Maschinen an. Dann kam Nr. 22. Dort war das Forsthaus, es gehörte dem Fiskus, also dem Staat. Dazu gehörten die Gehöfte Nr. 15/16 mit zwei Familien, dann Nr. 33/34 mit zwei Familien und Nr. 27,28 und 29 mit drei Familien, als Waldarbeiter. Zu den Höfen K hörte Haus, Stall und Scheune und soviel und und Wiese, daß für Mensch und Vieh - Kühe, Schweine und Federvieh - genü­gend geerntet wurde. Nr. 27, der Pächter hatte noch zwei Pferde, und er mußte für die anderen sechs Familien das Land beackern und sämtliche Fuhren machen, wie die Ernte und Holz aus dem Wald, für einen niedrigen Lohn. Auf der Scheune von Nr. 30 war ein Storchennest.

Oft haben wir Kinder gerufen: „Klapper­storch du Bester, bring mir eine kleine Schwe­ster." Wir waren ja auch nur sechs Jungen.

Nr. 12. war ein Gasthof. Es gab auch Lebens­mittel zu kaufen, getanzt wurde dort auch.Nr. 11 war der Hof von Hermann Wenzel. Innerhalb der evangelischen Kirche bestand dort eine Gemeinschaft, und hier habe ich als Junge den wahren Glauben an Christus gefunden, das hat sich bis ins hohe Alter (75) verstärkt. Ich bin sehr froh darüber, daß ich täglich mit Jesus im Gebet leben darf, und so Gott will, es bis in die Ewigkeit reicht. Wir

hatten in der Kirche keinen eigenen Pfarrer. Er kam aus Glambeck/Kreis Arnswalde.Nr.23, hier wohnte der Dorfschulze Hermann Werth. Er war ein gütiger, ruhiger Mensch.

Von der Entstehung unseres Dorfes weiß ich nur wenig. Es sollen einige wohlhabende Leute aus Stargard dieses Gebiet gekauft haben, konnten es aber nicht weiter verwenden, als an Siedler zu verkaufen. Später wollte man es zurück haben, aber die Siedler blieben hart.

Als Kind hatte ich ein grausiges Erlebnis. Es war bald nach dem Ersten Weltkrieg, da brach ein Feuer aus. Vier Gehöfte waren betroffen, und zwar im Spätherbst. Die Scheunen waren voll gestopft, die ganze Ernte war eingebracht. Nr. 24,25,26,27 waren betroffen. Es sind vier Scheunen und zwei Ställe niedergebrannt, die Häuser und Ställe an der Straße blieben verschont. Die Not war groß unter den Betroffenen. Man mußte in den Nachbar-dörfern betteln gehen. Das Vieh konnte gerettet werden.


Unsere Sprache - Sie war sehr platt. Hier einige Beispiele: „Nu stell di ma nihh so deumach ah“ .(Es gibt Laute bei uns, die man gar nicht schreiben kann.) Es war in der Infla­tionszeit, da hatte Mutter Reeck wieder eini­ge Körbe verkauft, welche sie mit ihrem Mann aus Wurzeln geflochten hatte. Wo nun hin mit dem Geld, in ein paar Stunden kann es schon entwertet sein. Also auf in die nächste Stadt, das war Reetz, sechs Kilometer hin, sechs Kilometer zurück. Zu Fuß, versteht sich. Als sie ins Dorf kam und wurde gefragt, war die Antwort: „Väh de ganza Milljona und Milljana kreg ick nihh en Glas Drüppa. Do büsst platt. - Nu iß ma so möd uhh so satt uhh do sacht soa deumach Buh nohh ma iß fua. - Wat eit wih da hüt, dat gifft hüt Krölltüffka uhh Hering uhh Hicks (Quark). - Lew fröhlich'sch käst du mi an kann Melk aflauta, ik schah mina Lüda Meiaklieba kauka, mian best Melkkoh steht dröch. - Laut deh Schwian (Schweine) rut upp deia Hoff dann könna's sich uttummia uhh rümmwöhla, uhh ik schmiet deia Mess ut. - Deh Kög (Kühe) staua im Staal, deh kriga Häksa mit Röwa vermingt uhh dah noh Hog (Heu) uhh Wauti. - Hut möta wih de Röwa hacka uhh vertrekka (verziehen). - Nuh sinn de Kespra (Kir­schen). riep uhh de Bära (Birnen) uhh de Suva Appa (Äpfel) dat mutt nu bal giplückt wara. Das war Gabbert, platter als platt.


Nun unsere Schule. Unser Jahrgang hatte es gut insofern, daß der Lehrer Daniel senior in Rente ging und wir Daniel junior beka­men. In Stettin hatte er die Schule besucht, wir haben viel gelernt, und es gab wenig Hiebe. Viele schöne Volkslieder haben wir zweistimmig gelernt. Alle Schüler zusam­men ein Chor. Mein älterer Bruder und ich haben oft zuhause gesungen, jeder von uns konnte die erste und zweite Stimme singen. Auch hinter dem Hof an der Wiese hallte es durchs Dorf von Feme. ,Goldene Abendson­ne', ,Im schönsten Wiesengrunde', ,Dort unten in der Mühle' und ,Abend wird es wieder'. Es war für uns eine besinnliche Zeit. Meine Mutter, wir als Kinder und unsere Kinder singen immer noch. Jetzt singen wir im Gemischten- und Männerchören zur Ehre Gottes viele hundert herrliche Lieder.

Der Bruder meiner Mutter war in Pom­mern ein guter Musiker. Er hatte eine 30-Mann-Kapelle im Märkischen Friedland. In der ersten Januar-Pommem-Zeitung war ein Bild von der Kapelle August Harder, für mich eine große Freude. Ja, so klingt es durch die Generationen weiter. Nun möchte ich einige schöne Lieder aus meiner Jugend aufschreiben aus dem Gedächtnis. Das ist gar nicht so leicht für mich, denn ich habe nur ein Auge vom Kriege her und bin 75 Jahre alt:

l. Am Brunnen vor dem Tore; 2. Alles neu macht der Mai, macht die Seele frisch und frei; 3. Auf unser Wiese gehet was, watet durch die Sümpfe; 4. Alle Vögel sind schon da; 5. Abend wird es wieder; 6. Brüder reicht die Hand zum Bunde; 7. Der Mai ist gekom­men; 8. Durch Feld und Buchenhallen; 9. Dort unten in der Mühle saß ich in tiefer Ruh; 10. Das Wandern ist des Müllers Lust;

11. Der Mond ist aufgegangen; 12. Das Schön­ste auf der Welt; 13. Der Gott, der Eisen wachsen ließ; 14. Das Leben gleicht dem Sommertag, ist licht- und schattenreich;

15. Es klappert die Mühle am rauschenden Bach; 16. Ein Jäger aus Kurpfalz; 17. Ein Männlein steht im Walde; 18. Es kommt ein Vogel federlos aus hoher Luft geflogen; 19. Es dunkelt schon in der Heide; 20. Goldne Abendsonne, wie bist du so schön; 21. Hat denn niemand es gewußt, keiner es vernom­men; 22. Im schönsten Wiesengrunde steht meiner Heimat Haus; 23. Ich ging durch einen grasgrünen Wald; und hörte die Vögelein singen; 24. Im Märzen der Bauer; 25. Im Krug zum Grünen Kranze; 26. Kein schöner Land in dieser Zeit; 27. Kuckuck, Kuckuck ruft's aus dem Wald; 27a. Aus der Jugendzeit, klingt ein Lied mir immerdar; o wie liegst du weit, o wie liegst du weit; 27b. 0 wie ist es kalt geworden und so traurig öd und leer; 28. Komm lieber Mai und mache die Bäume wieder grün; 29. Kein schöner Land in dieser Zeit; 30. Jung Siegfried war ein stolzer Knab;

31. Lieber Frühling, komm doch wieder; 32. Mit dem Pfeil, dem Bogen durch Gebirg und Tal; 33. Nun ade du mein lieb Heimatland;

34. Sah ein Knab ein Röslein stehn, Röslein auf der Heiden; 35. Wohlauf die Luft geht frisch und rein wer lang' sitzt muß rosten;

36. Winter ade. Scheiden tut weh; 37. Wohl­auf noch getrunken den funkelnden Wein; 38.. Wem Gott will rechte Gunst erweisen;

39. Auf dem Baume auf dem Ästchen baut der Vogel sich ein Nestchen; 40. Wenn in stiller Stunde Träume mich umweh'n; usw.


Manch schönes Lied ist sicher noch ver­schüttet in meinen Gedanken. Unser Lehrer hat viele kleine Wanderungen mit uns. un­ternommen, durch Wälder und Auen mit frohem Gesang. Einmal waren wir sogar auf Fahrt, über Stettin nach Swinemünde, Über­nachtung in der Jugendherberge, Dauer drei Tage. Es war für uns ein großes Erlebnis und brachte viel Freude und schöne Erinnerun­gen. Immer wieder: Unser Lehrer Herbert Daniel. Bei ihm haben wir unter anderem auch viele Gedichte gelernt und deren Dichter und zwar so:

Erst mußten wir den Titel nennen, dann den Dichter, erst dann den Text. Zum Beispiel:

Abseits von Theodor Storni. Es ist so still, die Heide liegt im warmen Mittagssonnen­strahl, ein rosaroter Schimmer fliegt um ihre alten Gräbermale... Die alte Waschfrau von Adalbert von Chamisso. Siehst du geschäf­tig bei den Linnen... Das Erkennen von Johann Nepomuk Vogel. Ein Wandrer kehrt heim aus dem fremden Land.

Weitere Dichter möchte ich nennen: Ernst Moritz Amdt, Friedrich Rückert; Heinrich Hoffmann von Fallersieben; Eduard Möricke; Matthias Claudius; Theodor Fontane; Friedrich Hebbel; Joseph Eichendorff;

Hermann Löns; Johann Wolfgang von Goethe, Friedrich Schiller, und andere mehr. Dies alles wünschte ich mir für meine Enkel­kinder!!! Meine Schulzeit, diese acht Jahre mußten für mein ganzes Leben reichen; ich bin sehr dankbar für diese Zeit, die Jugend­zeit in meiner so schönen Heimat.

Ich denke noch oft an die Kaiserzeit, als Siebenjähriger, am 27. Januar 1918, dem Geburtstag des Kaisers, standen wir drau­ßen, um die Fahne und riefen: Hoch, hoch, hoch! Es war das letzte Mal.


Unsere Dorfkapelle habe ich noch verges­sen, es waren vier oder fünf Mann. Mein ältester Bruder spielte Klarinette und Geige, Otto Köpnick, dann Wilhelm Bauer, eben­falls Klarinette, Wilhelm Brunk, Geige, dann ein Streichbaß, Helmut Benthin und Paul Wenzel. Diese jungen Männer waren gut eingespielt, aber Laien. An vielen Sommer­abenden war es ein Genuß für das Dorf, wenn alle draußen vor der Tür saßen und lausch­ten den schönen alten Melodien. Wie oft denke ich daran, als unser Nachbarsohn Arthur und ich in die Königsheide gingen und Pilze oder auch Blaubeeren sammelten. Einmal stand ich plötzlich vor einem ganz jungen Reh. Es hatte sich zusammengerollt. Sofort rief ich Artur. Als er kam, hatte ich Angst, er könnte mir das Reh nehmen. Da nahm ich es schnell auf den Arm, aber es fing an zu schreien und die Alte bellte laut. Ich konnte nur noch schnell das Kitz absetzen, und es stolperte unbehol­fen ins Gebüsch. Wie gerne hätte ich es mit nach Hause genommen, aber es wäre Wild­dieberei gewesen. Noch dazu, wo es im Staatlichen Forst geschah und unsere Väter im Forst angestellt waren und der Hegemei­ster (Förster) auf unserem Hof oft herum­spazierte.

Ein andermal hatte ich ein niedliches Füchs­lein auf dem Arm. Es tat mir so leid, daß ich es wieder hergeben mußte. Aber mein Seh­nen nach einem jungen Tier blieb. Eines Tages im Frühling war es dann soweit. Wir fanden ein Bussardnest auf einer hohen Kiefer in einem großen Feuchtgebiet. Wir Jungen haben nicht lange gefackelt und sind gleich hoch"

Jestiegen und vor allen Dingen gespäht, ob er Förster nicht in unserer Nähe ist. Oben angekommen, es waren Eier im Nest für jeden eins. Nun dachten wir gleich an unser Zwerghuhn, das brüten wollte. Nur schnell in den Hühnerstall und die Eier untergelegt. In ein paar Tagen kam aber nur ein Junges heraus. Aber, oh Schreck, am Morgen ver­gißt meine Mutter die Klappe zuzumachen. Die großen Hühner drängen sich ins Nest, um Eier zu lesen und drücken dabei das Junge tot. Wieder nichts!

Am anderen Tag komme ich mit meinem Bruder in den Wald, und ein Bussard zieht seine Kreise. Als ich ihn eine Weile beobach­te, sehe ich, wie er sich auf einer hohen Kiefer niederläßt. Ganz oben entdecke ich das Nest. Am nächsten Tag steht der Plan fest. Erst müssen wir warten, bis der Förster aus dem Wald kommt. Mein Schulfreund und ich sofort auf in den Hochwald. Erich war ein guter Kletterer, ich hatte einen Beutel zum Um­hängen besorgt, damit ging es nun in die äußerste Spitze hoch. Oben gut angekom­men, waren die alten Bussarde zum Glück nicht am Nest. Im Nest waren ein großes, ein kleines Junges und ein Ei. Erich durfte nichts mit nach Hause bringen. Also mußte ich beide pflegen.

In einem Korb wurde ein schönes Nest gebaut. Die Jungen wurden noch mit einem Tuch zugedeckt. Aber was nun füttern? Mutter sagte, der Förster bietet heute Hirschfleisch an, und ich durfte ein Pfund kaufen und in kleinen Stücken verfüttern. Welch eine Freu­de, denn die blinden Kleinen nahmen das Futter an. Am nächsten Morgen war das Alteste munter, aber das Kleine hatte den Kropf noch voll. Die Nahrung war zu schwer, es ist daran gestorben. Nun mußten wir Käfer und viele Regenwürmer suchen. Der Vogel gedieh ganz prächtig. Bis September war eine lange Zeit. Jede mögliche Quelle mußte genutzt werden. Mausefallen wurden auf­gestellt, tote Küken, Hühner, wurden zer­kleinert und immer wieder war Not da. Als der Raubvogel dann später in einem großen Drahtkäfig wohnte, muß er seine Opfer greifen lernen. Das waren lebende Mäuse und Frö­sche. Er hat es großartig gemacht. Wenn ich eine Maus aus der Falle springen ließ, war er sofort bereit, mit seinen Krallen zuschlagen. Dann schaute er mich an, drehte mir den Rücken zu und zerpflückte sein Opfer. Als ich merkte, daß er auch Frösche mochte, war die Wiese eine gute Quelle. Wie ein Storch ging ich durch die Wiese, und es verschwand ein Frosch nach dem anderen in meiner Hosentasche. Ich hatte Mühe, sie zuzuhal­ten. Auf dem Hof hinter der Scheune war die Vorratskiste und der Käfig, damit uns der Förster nicht erwischte. Wir schätzten den Bussard damals ja als Schädling ein, denn er holte ja auch Küken weg. Wenn ich ihm den Arm hinhielt, kam er sofort heran, aber kamen meine Angehörigen an, so hat er sie laut angepfiffen. Bald kam der Hochsommer, und er war erwachsen und übte das Fliegen. Er wollte dann nicht mehr gerne in den Käfig. Ich mußte schweren Herzens Abschied nehmen von dem schönen, gut gewachsenen Vogel. Ich habe dann beschlossen, ihm einen bunten Hüh­nerring um einen Fuß zu streifen. Das war meine letzte Berührung mit ihm. Mein Mäusebussard stieg auf und landete noch einmal auf dem Scheunendach, grüßte noch einmal mit einem Blick herunter und schraub­te sich dann in großen Schleifen hoch in die Luft und entschwand in Richtung Wald. Nun war er erwachsen, und ich war traurig.

Dieser Sommer 1926 war einer der schön­sten in meinem Heimatland! Ich bin Gott sehr dankbar für eine so schöne Jugendzeit. Ich schreibe hier, seitdem ich von einem Gabberter jungen Mann weiß, daß dort nur noch drei Häuser stehen. Niemand kommt dorthin.

Liebe Landsleute, wir wollen unser verlorenes Dorf nie vergessen!




An Sommerabenden spielte in Gabbert die Dorfkapelle

Jugenderinnerungen an ein „verlorenes Dorf“ im Kreise Saatzig

PZ-Leser Gustav Köpnick Waldstraße 100,            

1000 Berlin 51 schrieb seine Erinnerungen an sein Heimatdorf auf und zeichnete obige Skizze aus dem Gedächtnis.

Sie ist ein wertvolles Doku­ment, denn das Dorf Gabbert wurde bei Kriegs­ende zerschossen.

Von den ehemals 41 Gehöften soll heute nur noch ein Haus stehen.


Bericht aus der Pommernzeitung von 1990